Botox bei Kieferschmerzen: eine Lösung bei chronischen Beschwerden?

Kieferschmerzen sind weit verbreitet und können das Leben stark beeinträchtigen. Der medizinische Fachterminus hierfür lautet Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD). Man unterscheidet eine muskulär bedingte von einer gelenkbedingten Form. Die Botox-Gabe ist eine neue Methode zur Behandlung der muskulär bedingten Schmerzen. In diesem Blogeintrag erklären wir, wie Botox Kieferbeschwerden lindert, besprechen Vor- und Nachteile und betrachten Alternativen.

Was sind die Ursachen von Kieferschmerzen?

Kieferschmerzen können auf verschiedene Weisen verursacht werden. Stress und Zähneknirschen (Bruxismus) sind häufige Auslöser. Viele Menschen neigen dazu, bei Stress unbewusst die Zähne zusammenzubeißen oder nachts zu knirschen bzw. zu pressen. Dies führt zu Verspannungen und Schmerzen in der Muskulatur. Ursachen für Kieferschmerzen gibt es also viele. Auch Fehlstellungen des Kiefers oder Kiefergelenkserkrankungen können Schmerzen verursachen. In anderen Fällen können Kiefergelenkserkrankungen (Arthrose) oder eine frühere Verletzung des Kiefergelenkes die Ursache sein. Nur durch eine gründliche fachärztliche Untersuchung kann eine Erkrankungen des Gelenkes oder Fehlstellungen der Zähne von Muskelverspannungen unterschieden werden.

Typische Symptome sind Schmerzen und (v.a. morgendliche) Verspannungen der Kaumuskulatur, Kopf- und Nackenschmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit des Unterkiefers. In vielen Fällen sind die Schmerzen eher dumpf und können nicht konkret auf die Kaumuskulatur lokalisiert werden. Sie projizieren sich häufig auf den gesamten Unterkiefer- und Gelenkbereich.

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Aufbissschienen und Botox-Spritze

Botox als Behandlungsoption gegen Kieferschmerzen

Botox (offiziell Botulinumtoxin) wird bereits seit 1982 in der Medizin zur Behandlung von unwillkürlichen Muskelkontraktionen im Rahmen von spastischen Lähmungen eingesetzt. Es ist ein Neurotoxin, das aus dem Bakterium Clostridium botulinum gewonnen wird. Es blockiert Nervenimpulse zu den Muskeln, wodurch diese nicht mehr ihre volle Kraft entfalten können und dabei entspannen. Bei der Behandlung von Kieferschmerzen wird Botox direkt in die Kaumuskulatur gespritzt. Das entspannt mittelfristig die Muskeln und lindert die Schmerzen. Die Wirkung setzt in der Regel nach 2 Wochen ein und hält dann für etwa ein halbes Jahr an. Danach sollte die Behandlung wiederholt werden.

Wissenschaftliche Hintergründe

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Botox eine effektive Methode zur Linderung von vor allem muskulär bedingten Kieferschmerzen sein kann. Dies wurden in vielen Studien bestätigt, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Botox bei der Behandlung von CMD-Symptomen untersuchten. (siehe Quellen)

Wann sollte Botox zur Behandlung von Kieferschmerzen eingesetzt werden?

Zunächst müssen die Beschwerden durch einen Facharzt eindeutig einer muskulären Ursache zugeordnet werden. Dies geschieht durch eine gründliche Untersuchung und ggf. Röntgenbildgebung. Kontraindikationen wie Schwangerschaft, Kinderwunsch oder Stillzeit sowie Vorerkrankungen müssen ebenfalls fachärztlich ausgeschlossen werden. Wichtig ist auch zu betonen, dass Botox die Grundpfeiler der CMD-Therapie (Schienentherapie zum Schutz der Zähne und des Kiefergelenkes und begleitende Physiotherapie) nicht ersezten kann. Übungen und Massagen, die von einem speziell ausgebildeten Physiotherapeuten durchgeführt werden, können die Muskelspannung reduzieren und die Kieferbeweglichkeit verbessern. Zahnschienen, die nachts getragen werden, können das Zähneknirschen verhindern und so die Belastung der Kiefergelenke verringern. Diese Schienen sind oft die erste Wahl, da sie nicht invasiv und relativ kostengünstig sind.

Erst wenn alle anderen Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind, kann Botox in Erwägung gezogen werden.

Vorteile der Botox-Behandlung bei Kieferschmerzen

Die Botox-Injektion ist eine wenig invasive Methode, die schnell und sicher bei nahezu jedem Patienten durchgeführt werden kann. Bei richtiger Anwendung durch einen Facharzt sie es arm an Nebenwirkungen. Einschränkungen oder Ausfallzeiten für den Patienten nach Injektion gibt es keine. Die Schwächung des Kaumuskels ist subjektiv nicht bemerkbar. Die meisten Patientinnen und Patienten erleben nur minimale Beschwerden wie leichte Rötungen oder Schwellungen an der Injektionsstelle. Ernste Komplikationen wie eine allergische Reaktion auf das Medikament sind extrem selten.

Was kostet Botox im Kiefer?

Die Kosten für eine Botox-Behandlung im Kieferbereich wird nach dem Gebührenkatalog für Ärzte (GOÄ) individuell berechnet und liegen meist zwischen 300 und 500 Euro pro Sitzung. Private Krankenkassen übernehmen die Kosten häufig. Gesetzlich Versicherte müssen die Kosten in aller Regel selbst tragen.

Langzeitrisiken und Nebenwirkungen

Es ist wichtig, sich über mögliche Langzeiteffekte im Klaren zu sein. Auch wenn die langjährige Anwendung von Botox die Muskelaktivität dauerhaft und über längere Zeiträume reduzieren kann, besteht bei langfristig wiederholten Anwendungen von Botox auch das Risiko zur Entwicklung einer Resistenz gegen das Toxin (Immunität). Es ist entscheidend, diese Aspekte mit einem Facharzt zu besprechen, bevor man sich für eine Botox-Behandlung entscheidet.

Patientenberichte

Patientinnen und Patienten berichten meist von einer spürbaren Entlastung der Kiefermuskulatur und weniger Schmerzen. Der Effekt hält meist bis zu einem halben Jahr an. Auch wird von einer Reduktion von chronischen Kopf- und Nackenschmerzen seitens der Patienten berichtet.

Einige Patientinnen und Patienten berichten von einer enormen Verbesserung ihrer Lebensqualität nach Botox-Behandlungen. Zum Beispiel erzählte eine Patientin, dass sie nach Jahren chronischer Kieferschmerzen endlich wieder ohne Schmerzen essen und sprechen konnte. Ein anderer Patient berichtete von einer deutlichen Reduktion des nächtlichen Zähneknirschens nach der Behandlung, was zu besserem Schlaf und weniger Kopfschmerzen führte.

Alternativen zu Botox

Es gibt verschiedene Alternativen zur Behandlung von Kieferschmerzen. Physiotherapie, Schmerzmittel, Zahnschienen und in seltene Fällen auch chirurgische Eingriffe sind einige Optionen. Botox kann je nach Ursache der Beschwerden auch in Kombination mit anderen Therapie eingesetzt werden. Jede Methode hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, die individuell abgewogen werden müssen.

Quellen:

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Veröffentlicht
22.7.2024
geschrieben von
Dr. Dr. Frank Mascha
lesedauer
8
Minuten